Anette Brunner, Galerie Koch, Hannover
Andrea Neuman – CIRCLING ALEX, 2019
Die Verbindung von Malerei und Fotografie bildet neben der reinen Malerei einen eigenen Schwerpunkt im künstlerischen Schaffen von Andrea Neuman: von digital bearbeiteten Fotografien ausgehend, wie in der Serie circling alex 01-10 (2019), gelingt es der Künstlerin durch gemalte Eingriffe den fotografischen Arbeiten eine zweite inhaltliche Ebene und formale Ästhetik hinzuzufügen.
In circling alex geht Neuman, von Fotografien aus, die aus der Vogelperspektive Fußgänger im öffentlichen Raum zeigen. Mittels pastos aufgetragener Ölfarbe isoliert Neuman die Passanten einerseits aus dem örtlichen Kontext sowie untereinander, andererseits stellt sie mittels bogenförmig gezogene Linien neue Beziehungen zwischen diesen her. Es entsteht auf diese Weise eine neue, geheimnisvolle und faszinierende, aber auch irritierende Welt voller seltsamer Bezüge. Formal erreicht Neuman durch die Verbindung beider künstlerischen Techniken spannungsreiche Gegensätze, bestehend im Gegenüber von fotografierter sichtbarer Wirklichkeit und gemalter Gegenstandslosigkeit sowie differierender Oberflächenstrukturen.
Der Titel der Serie verweist auf den Alexanderplatz in Berlin, von den Berlinern kurz Alex genannt. Der durch Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz literarisch weltberühmt gewordene Platz, bildet das östliche Zentrum Berlins. Er gilt als der größte Platz Deutschlands und als einer der bekanntesten
Plätze der Hauptstadt. Als ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt und durch die zahlreichen Geschäfte ist er ein vielbesuchter, heute zu einer Fußgängerzone umgebauter Platz.
Der Titel circling alex könnte als „kreisender Alex“ übersetzt werden oder aber auch als „auf dem Alex kreisend“, metaphorisch durch die bogenförmigen Linien angedeutet, denen die Menschen zu folgen scheinen: eine stete, sich täglich wiederholende Bewegung, kreisend und somit ohne Anfang und Ende. In circling alex werden Fragen der Urbanität thematisiert, eines der zentralen Sujets der 1963 in Bad Salzuflen geborenen Künstlerin, die viele Jahre in Metropolen gelebt und gearbeitet hat, von 1986-1991 in New York in der Lower East Side von Manhatten, wo sie zusammen mit Tenesh Webber das Kunstzentrum Bullet Space gegründet hat, sowie später in Berlin.